Gärten zum Träumen

08.06.2013

Von Klaus Späne

Beim Wettbewerb „1822 - Schule und Natur“ zeigen Frankfurts Schüler, dass sie einen grünen Daumen haben

Statt nur die Schulbank zu drücken, bauen viele Frankfurter Schüler Gemüse an, pflanzen Bäume und Kräuter. Die erfolgreichsten werden nun in dem Wettbewerb „Schule und Natur“ prämiert.

Frankfurt.

Ein großer Teich mit Schilf und eine kleine Brücke schmeicheln dem Auge des Betrachters. Die Mitte des Gartens wird von einem Apfelbaum beherrscht, der von einer Sitzbank umgeben ist. Auch in den anderen Ecken des Geländes ist einiges geboten. Da gibt es Beete, in denen Kartoffeln, Salat, Blumen und Kräuter gedeihen. Mehrere Insektenhotels bieten allerlei Getier ein Zuhause. Nicht zu vergessen die Mädchen und Jungen der Schule am Sommerhoffpark, die den idyllischen Garten bevölkern.

Kaum zu glauben, dass das Gelände früher ein Grundstück voller Baracken war, wie Lehrerin Sonja Wind erzählt. Daraus haben Lehrer und Kinder der im Gallus beheimateten Förderschule mit Schwerpunkt Hören im Laufe der Jahre ein wahres Idyll geschaffen, um das sie so mancher Kleingärtner beneiden dürfte.

Als Sahnestückchen hatte Ottilie Wenzler zuvor den Schulgarten angekündigt. Und wie sich zeigte, war das alles andere als übertrieben. Insofern verwundert es nicht, dass Wenzler und ihre Kollegen Ditmar Breimhorst sowie Helmut Mag nach dem Besuch schwer beeindruckt von dannen ziehen. Das Trio gehört zu einer Jury, die diese Woche 27 Schulen im gesamten Stadtgebiet abgeklappert hat, darunter auch die Schule für Hörgeschädigte.

Vom Wildwuchs zur Oase

Sie alle haben am Wettbewerb „1822 - Schule und Natur“ teilgenommen. Bei dem von der Stiftung der Frankfurter Sparkasse 1822 zum 30. Mal ausgelobten Umweltpreis Naturprojekte wurden Lehranstalten aus dem gesamten Stadtgebiet ausgezeichnet. Prämiert wird dabei in den Kategorien Schul- und Großprojekte sowie Klassen- und Kleinprojekte. Bevor es jedoch soweit ist, müssen sich die Jury-Mitglieder vor Ort ein Bild machen. Dazu hat man sich in eine West- und eine Ostgruppe aufgeteilt, die zwei Tage lang in den verscheidenen Stadtteilen auf Tour ist. Wenzler, Geschäftsführerin der Sparkassen-Stiftung, Breimhorst, Gartenpädagoge im Palmengarten und Mag vom Staatlichen Schulamt haben sich den Westen der Stadt vorgenommen. Eine wahre Mammutaufgabe, nicht nur wegen des strammen Programms, sondern vor allem wegen der vielen unterschiedlichen Eindrücke, die sie dabei bekommen. Das zeigt sich zum Beispiel an der Schillerschule in Sachsenhausen.

Dort haben Schüler des Gymnasiums in einer konzertierten Aktion einen zum Wildwuchs verkommenen ehemaligen kleinen Schulgarten in eine „Naturoase in der Stadt“, wie das Projekt heißt, verwandelt. Seit vorigem Herbst wurden Wildkräuter und Stauden gepflanzt, Hügelbeete mit Gemüse angelegt. Neben einem Parkplatz entstand zudem eine Trockenmauer. „Etwa 200 Schüler sind eingebunden gewesen“, erzählt Bio-Lehrerin und Koordinatorin Julia Pappert. Überhaupt solle das Projekt vernetzt werden. Geplant ist, dass sich sowohl Foto AG als auch Schüler aus dem Geografie- und Informatikunterricht mit dem Garten beschäftigen.

Die ambitionierte Verzahnung und das Wissen der Schüler finden Anklang bei der Jury, die dennoch nicht rundweg begeistert ist. „Die Trockenmauer befindet sich im Schatten, die braucht eigentlich volle Sonne“, meint Experte Ditmar Breimhorst in der kurzen Nachbesprechung nach der Stippvisite.

„Fantastisch, sehr schön“

Wie die Standortfrage besser gelöst ist, zeigt sich später in Sindlingen. „Meistergärtchen“ steht auf einem Schild an einem Zaun, der ein Gartengrundstück am Rande des Stadtteils umgibt. Dutzende von Mädchen und Jungen bevölkern das Gelände, auf dem ein bunt bemalter Bauwagen für einen Farbtupfer sorgt.

„Guten Morgen, mein Name ist Arashdeep“, begrüßt ein zehnjähriger Junge mit Turpan das Jury-Team, bevor es in den Garten geht. Dort haben die Grund- und Hauptschüler zusammen mit Lehrerin Barbara Frank in eineinhalb Jahren Erstaunliches vollbracht. „Das war mal eine wilde Wiese “, erzählt Frank. Nach und nach wurde ein Zaun um das gepachtete Gelände gebaut, Blumen- und Gemüsebeete, ein kleiner Teich und ein Grillplatz angelegt. Neuestes Werk ist ein Hochbeet, das die Schüler im Winter gebaut haben und in dem nun Pfefferminze, Salbei oder Zitronenmelisse gedeihen.

„Fantastisch“, „sehr schön“, sind denn auch die Kommentare der Jury, die die Schule im Vorjahr mit sehr gut bewertet haben. Auch in diesem Jahr dürften die „Meister-Gärtner“ wohl irgendwo auf den vorderen Rängen landen.

Bei der Bewertung geht die Jury nicht nach einem festen Kriterienkatalog vor. „Dafür sind die Gärten zu unterschiedlich“, meint Wenzler. Wichtig sei, dass die Schüler Spaß hätten und verstünden, wie man mit der Natur umgeht. „Die Auseinandersetzung muss erkennbar sein“, ergänzt Astrid Dienst, die den Wettbewerb leitet. Schließlich spiele das Fachwissen entsprechend dem Alter eine Rolle. Andere Aspekte, die in die Bewertung einfließen, sind, ob ein existierendes Projekt gepflegt wird oder wie ein Projekt in die Schulgemeinde reingetragen wird. Wer am Ende die meisten Punkte erhält, bekommt von der Stiftung einen Geldpreis und wird zu einem Abschlussfest am 27. Juni eingeladen. Aber auch die weniger erfolgreichen gehen nicht gänzlich leer aus, sondern erhalten Anerkennungs- und Teilnahmepreise. „Es gibt hier keine Verlierer“, sagt Ottilie Wenzler.

Das gilt schon gar nicht für die Geschwister-Scholl-Schule. Auch die Realschule in der Römerstadt punktet mit einem Garten vom Feinsten mit üppigen Gemüsebeeten und einem Biotop, in dem sich Fische und Kröten tummeln. „Unglaublich, so etwas habe ich heute noch gar nicht gesehen“, ist Jury-Mitglied Helmut Mag hin und weg.

Artikel vom 08.06.2013, 03:00 Uhr (letzte Änderung 08.06.2013, 02:44 Uhr)